Durchlaufterminierung
Die Durchlaufterminierung ist ein zentrales Element der Materialbedarfsplanung (MRP). Ziel ist es, einen Fertigungsprozess von Begin bis zum Ende anhand der Arbeitsgänge zu terminieren. Daraus kann der früheste bzw. späteste Start sowie das früheste bzw. späteste Ende für jeden Teilprozess ermittelt werden. Außerdem können die arbeitsganggenauen Termine genutzt werden, um Materialbedarfe mit Arbeitsgangbezug möglichst genau einzuplanen. Nachfolgend werden die wichtigsten Einflussfaktoren beschrieben.
Pufferzeiten: Warte- und Liegezeit
Wartezeit ist die Zeit in Tagen, die durchschnittlich verstreicht bis ein Arbeitsgang angefangen werden kann.
Liegezeit beschreibt die Zeit in Tagen, in dem ein Material oder Halbzeug nach Abschluss eines Arbeitsgangs bis zum Start des nächsten Arbeitsgangs ungenutzt bleibt.
Beide Zeiten sind wichtige Einflussgrößen auf den gesamten Fertigungsdurchlauf und sollten möglichst gering gehalten werden, um die Effizienz zu steigern und die Durchlaufzeit zu minimieren.
Logische Pakete und Qualifikation
Arbeitsgänge, die die gleiche Qualifikation (z. B. gleiche Maschinen- oder Mitarbeitergruppe) erfordern und logisch zusammengehören, werden zu sogenannten logischen Paketen zusammengefasst.
Für solche Pakete gelten Warte- und Liegezeiten jeweils nur einmal für das gesamte Paket, nicht für jeden einzelnen Arbeitsgang. Das bedeutet:
Die Wartezeit beginnt, bevor das erste Arbeitsgang im Paket startet.
Die Liegezeit fällt erst nach Abschluss des letzten Arbeitsgangs im Paket an.
Dadurch lassen sich Bearbeitungszeiten realistischer planen und unnötige Pufferzeiten vermeiden.
Ein typischer Anwendungsfall für ein logisches Paket wäre eine zerspanende Bearbeitung, die in drei Arbeitsschritte aufgeteilt wird, da drei Einspannungen nacheinander bearbeitet werden. Alle drei Schritte werden auf der gleichen Maschinengruppe geplant und daher sollen Wart- und Liegezeiten für das gesamte Paket nur einmalig anfallen.
Arbeitsgangwechsel = Tageswechsel
Sofern im Arbeitsplan zwischen zwei Arbeitsgängen ein Wechsel der Qualifikation stattfindet, wird aufgrund des Tagesbuckets Prinzips immer automatisch auch auf den nächsten Arbeitstag gewechselt. Diese Logik stellt sicher, dass der in der Grobplanung entstehende Produktionsplan im Zuge einer Feinplanung bzw. im Zuge der operativen Steuerung in der Ausführung immer in einen tatsächlich machbaren Plan übersetzt werden kann. In der Grobplanung wird keine Entscheidung über die Reihenfolge der Vorgänge an einem Arbeitstag getroffen. Würden Arbeitsgänge unterschiedlicher Qualifikationen, die nacheinander im Arbeitsplan bearbeitet werden müssen, auf den gleichen Arbeitstag eingeplant, würde dadurch eine implizite Reihenfolgeentscheidung getroffen und die Freiräume in der operativen Ausführung eingeschränkt.
Finit vs. Infinit
Es gibt mehrere Methoden der Terminierung. Die Wahl der Methode hängt von den Anforderungen an die Genauigkeit und den zur Verfügung stehenden Planungsdaten ab.
Infinite Terminierung
Bei der infiniten Terminierung wird davon ausgegangen, dass beliebig viele Ressourcen (z. B. Maschinen, Personal) verfügbar sind. Die Kapazität, die eine einzelne Ressource an einem Arbeitstag zur Verfügung stellt, sind durch die Qualifikationen bzw. deren Qualifikationszuordnungen bestimmt.
Finite Terminierung
Hierbei werden die tatsächlich vorhanden Kapazitätsgrenzen der Ressourcen und Personen berücksichtigt.
Maximale Tageslaufzeit
Für die Bearbeitung eines Arbeitsgangs oder logischen Pakets gilt eine maximale Tageslaufzeit. Das bedeutet, dass pro Arbeitstag nur eine bestimmte Zeit für die Bearbeitung angesetzt wird (z. B. 8 Stunden pro Tag).
Ist die Bearbeitungszeit eines Arbeitsgangs länger als die Tageslaufzeit, wird der Arbeitsgang auf mehrere Tage verteilt (Split). Dadurch wird die Planung realitätsnäher und berücksichtigt die tatsächlichen Arbeitszeiten.
Die maximale Tageslaufzeit des Arbeitsgangs wird durch die einer Qualifikation zur Verfügung stehende Ressourcen/Personen bestimmt. Konkret wird für jeden einzelnen Arbeitstag analysiert, welche der zur Verfügung stehenden Ressourcen an diesem Arbeitstag die geringste Tageslaufzeit zur Verfügung stellt. Diese Laufzeit ist dann die maximale Tageslaufzeit für die Belegung aller Ressourcen innerhalb der Qualifikation.
Die Planung trifft keine Entscheidung über die Zuordnung eines Arbeitsgangs zu einer einzelnen Ressource innerhalb einer Qualifikation, sondern betrachtet immer nur die Ebene der gesamten Ressourcengruppe (= Qualifikation).
Sofern in einer Qualifikation mehrere Ressourcen gepoolt werden, die sehr unterschiedliche Tageslaufzeiten haben, würde die Auswahl einer konkreten Einzel-Ressource die Flexibilität in der Ausführung des Plans einschränken, da die Durchlaufterminierung dann mit unterschiedlichen Tageslaufzeiten arbeiten würde und die sich so ergebenden Arbeitsgangstermine von den unterschiedlichen Schichtplänen der Einzelressourcen abhängen.
In der Realität gibt es zwar oft für einzelne Arbeitsgänge eine bevorzugte Einzel-Ressource (die “fixierte Ressource”), jedoch kann in Engpasssituationen oftmals auf eine andere Ressource innerhalb der Qualifikation ausgewichen werden. Um diesen Freiheitsgrad sicherzustellen, plant die Terminierung immer nur mit der kleinsten zur Verfügung stehenden Tageslaufzeit.
Daher ist es bei der Qualifikations- und Schichtzuordnung wichtig, dass alle Ressourcen, die zu einer Qualifikation gepoolt werden, ein möglichst homogenes Kapazitätsangebot zur Verfügung stellen.
Insofern einzelne Ressourcen innerhalb einer Qualifikation längere Laufzeiten anbieten, werden diese Kapazitäten nicht von der Produktionsplanung beplant und können wie ein operativer Puffer für Mehrarbeit oder Störungen betrachtet werden.
Keine Auswahl einer spezifischen Ressource/Person
Im Rahmen der Durchlaufterminierung wird keine Entscheidung getroffen, welche konkrete Ressource oder Person (z. B. welche Maschine, welcher Mitarbeiter) den Arbeitsgang ausführt.
Es wird lediglich geplant, an welchem Tag der Arbeitsgang durchgeführt werden soll – unter Berücksichtigung der Qualifikation und der Kapazitäten. Die Zuordnung zu einer spezifischen Ressource (Feinplanung) erfolgt nicht.
Manuell getätigte Zuordnung werden bei der Terminierung ignoriert. Diese werden rein zur Auswertung in der Ressourcenauslastung als konkreter Bedarf einer Ressource oder Person visualisiert.